«Felltuschgnusch»: Marius und Wisl (von der Jagdkapelle) erzählen eine pelzige Waldgeschichte

Markus Tschirky ist zurück und mit ihm Wisl (von der Jagkapelle). Nach einer erfolgreichen Theaterreihe am Theater St. Gallen präsentiert anda Events Felltuschgnusch nun auf den Deutschschweizer Kleinbühnen, unter anderem im Central Theater Neuhausen. Gross und Klein freut sich auf ein Wiedersehen mit den beliebten und bestens bekannten Waldtieren wie Seichhörndli, Dachs Adalbert und Tofuchs und natürlich auch mit Oberjägermeister Brünzli. Das neue Stück mit ihrer unterhaltsamen Mischung aus Dialekten, Tierimitationen und Liedern bildet den Auftakt zum 20-Jahr-Jubiläum vder Jagdkapelle im Jahr 2024.

Wer kennt sie nicht! Marius und die Jagdkapelle sind seit zwei Jahrzehnten fester Bestandteil jedes Schweizer Kinderzimmers und einige Mamas und Papas mögen die CDs der «Punks unter den Kinderbands», wie die Schweizer Illustrierte sie einst nannte, wohl am liebsten irgendwann „verschwinden lassen“, wenn die eingängigen Kinderlieder in Dauerschleife durchs Haus schallen. Wie wir wissen, sind Kinder sehr treu, wenn ihnen etwas gefällt. Und Marius Tschirky, musikalischer Leiter und Kopf der Jagdkapelle, kennt wohl das Geheimrezept, um eben diese Ohrwürmer zu produzieren. Seit 20 Jahren beschenkt er die Schweizer Kinder mit Lieder-CDs und Hörspielen und geht damit auf Tour.

Feltuschgnusch – Eine Turbulente, schaurig schöne Waldgeschichte

Felltuschgnusch, sein neuester Streich, ist eine turbulente, schaurig schöne Waldgeschichte über Toleranz, Verständnis und Zusammenhalt. Der Titel beschreibt ziemlich genau, was in diesem Stück passiert. Der erste Vollmond des Frühlings ist für die Tiere des Waldes ein ganz spezielles Ereignis, denn sobald der runde Mond am Himmel steht, treffen sie sich am Waldteich, legen ihre Felle ab und waschen sich den Winter aus dem Pelz. Eine idyllische Szenerie, gäbe es da nicht das Seichhörndli, das, getreu seinem Namen, nur Seich im Kopf hat und beschliesst, alle Felle zu vertauschen. Als überraschend der Oberjägermeister Brünzli – ein unangenehmer Gesell – auftaucht, um ein Wildtier zu schiessen, raffen diese ihre Felle zusammen und flüchten, merken aber schnell, dass etwas nicht stimmt. Denn auf einmal tragen sie ein anderes, ungewohntes Fell. Der Specht trägt ein Rehfell, der Tofuchs ein Dachsfell, das Ohjemireh ein Fuchsfell und der Dachs Adalbert das Spechtgefieder.

Und so machen die Waldtiere eine Erfahrung, die so manchem Menschen ebenfalls gut tun würde. Sie erleben am eigenen Leib, wie es sich anfühlt, in der Haut bzw. dem Fell eines anderen zu stecken.

Es Ojemireh hät im Sportfell vom Tofuchs uf eimol gar kei Angscht me gha.

Marius

Zu Besuch im Central – Dem Theater am Rheinfall

Für Felltuschgnusch mussten wir für einmal nicht nach Zürich fahren, sondern konnten das auf unserem Spaziergang von Schaffhausen nach Neuhausen das schöne Frühlingswetter geniessen. Das kleine, charmante Theater Central und ehemalige Kino direkt im Neuhauser Zentrum oberhalb des Rheinfalls ist ideal für kleinere Veranstaltungen, also auch für Marius und Wisl am 9. März 2024, der zweiten Show der Deutschschweizer Felltuschgnusch-Tournee. Mit familiärem Gastrobetrieb wurde auch diesmal die perfekte Umgebung für einen entspannten Theatergenuss geschaffen. Im ausverkauften Theater sassen rund 100 grosse und kleine Gäste an einzelnen Gartentischchen, wo sie auch bewirtet wurden.

Auf der Bühne standen bereits allerhand Instrumente in liebevoll gestaltetem Wald-Design. So sitzt z.B. ein Reh auf der Drum… umgeben von Würsten… (?! Muss wohl ein Jagdkapellen- Ding sein, immerhin gibt es ja auch einen Jagdkapellen-Song mit dem Titel „Worscht!“). Es gibt eine grosse Auswahl an Instrumenten. Im Hintergrund stehen unterschiedlich grosse, grün beleuchtete Tannen im Origami-Stil.

Was ist der Unterschied zu andern Stücken von Marius und die Jagdkapelle?

Was Felltuschgnusch von anderen Stücken von Marius und die Jagdkapelle unterscheidet, ist, dass die Jagdkapelle fehlt, also fast. Neben Marius Tschirky erlebt man hier nur noch Wisl aka Christian Hugelshofer auf der Bühne, wobei Letzterer mehrheitlich für musikalische Untermalung und die Animation des Publikums zuständig ist. Selbstverständlich kann auch Marius die Finger nicht ganz von den Instrumenten lassen, aber die erzählerischen Parts, sind dennoch massiv länger, als man es sich gewohnt ist. Eigentlich fungiert Marius wirklich als Erzähler, was er richtig gut beherrscht – sicher keine schlechte Fähigkeit für einen Vater.

Aber um gleich noch kurz bei der Musik zu bleiben: Kindisch ist sie keineswegs. Eingängig – ja. Aber vor allem sind die Stücke originell und fröhlich. Da kann man schon auch mal eine Melodie aus dem Musical Hair beleihen und zu „Fell“ umdichten. Spass macht es auf jeden Fall.

Marius weiss, was Kinder (und Eltern) wollen

Was gefällt Kindern beim Geschichten erzählen am besten? Genau! Wenn der Erzähler die unterschiedlichen Figuren mit wechselnden Stimmen spricht. Und dies ist definitiv eine Stärke von Marius. Jede Figur hat eine komplett eigene Stimme und Sprechweise und auch Mimik und Gestik sowie die Körperhaltung wechseln, was seine Erzählung ungemein unterhaltsam macht. Bei Dialogen springt er von einer Seite zur anderen oder hoch auf einen Stuhl und wieder runter. Langweilig wird es auf keinen Fall. Da ist richtig viel los.

En rechte Jäger bricht doch kei Schwür.

Marius als Marius zu Oberjägermeister Brünzli

Was? Ich ha keis Gschwür!

Oberjägermeister Brünzli (auch Marius) zu Marius

Dennoch ist man ein bisschen froh, dass Wisl nicht eben so aktiv ist. Das hätte eventuell etwas zu viel werden können. Aber Wisl ist die Ruhe selbst. Seine Sprüche sind perfekt getimet und treffend und er amüsiert durch seine Gelassenheit. Die beiden ergänzen sich optimal. Besonders witzig ist, wenn Wisl etwas sagt und Marius direkt: „…sagte Wisl„, ergänzt, wodurch Wisl Teil der erzählten Geschichte wird. Ein sehr ausgeklügeltes Konzept.

Bereits ganz zu Beginn werden die Kinder mit einbezogen. Diese Technik wird während des ganzen Stücks fortgeführt. Ein Mal dürfen die kleinen Tiergeräusche machen, um die Szene möglichst realistisch darzustellen, oder Oberjägermeister Brünzli imitieren, um den Muskelkater zu täuschen. Das Publikum ist integraler Bestandteil und man kann sich dem nur schwer entziehen. Besonders spannend wir es, wenn die Mamas und Papas getrennt von einander singen. Wie Marius Tschirky selbst bemerkte, war es schön, wie sehr sich auch die Eltern von dieser Stimmung mitreissen liessen und fast am lautesten riefen, wenn das Publikum dazu aufgefordert wurde. Ja, auch wir konnten uns diesem Sog nicht entziehen.

Chinde, mached ihr   mir en Gfalle? Chönd ihr während de Gschicht immer chli klatsche?

Tofuchs zum Publikum

Dass Kinder ein sehr anspruchsvolles Publikum sind, ist eine Tatsache. Und es ist immer erfreulich, zu beobachten, wie die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft auf das Geschehen auf der Bühne reagieren. Und hier war das junge Publikum völlig bei der Sache. Mit grosser Wahrscheinlichkeit kannte der Grossteil der Kinder Marius bereits vom Hörspiel, denn es schien direkt klar zu sein, von wem die Rede ist, als die verschiedenen Figuren eingeführt wurden. Die Wortwahl ist kindgerecht und orientiert sich am Wortschatz der Heranwachsenden.

Stelled eu mol vor: Es fudiblutts Müsli. So herzig.

Marius zum Publikum

Auch bei der Autogrammstunde nach der Show, wo auch noch Bücher und CDs erworben werden konnten, war der Andrang gross. Ja, Marius und Wisl haben echten Promistatus bei den Kleinen.

Zwei Stunden pelzige Comedy und Musik mit wichtiger Botschaft

Mit rund zwei Stunden inkl. Pause handelt es sich um ein relativ langes Stück, wobei vor allem die erste Hälfte wie im Flug vergeht. Die zweite Hälfte hat ein paar Längen, dennoch wirken alle Kinder hoch konzentriert bis zum Schluss, was natürlich einerseits an Marius‘ spannender und abwechslungsreicher Erzählweise liegt, aber auch daran, dass die Kinder nicht zwei Stunden still sitzen müssen, sondern aktiv mitmachen dürfen. Da verzeiht man auch gerne den einen oder anderen kleinen Versprecher – falls er einem überhaupt auffällt – da Marius Tschirky, als echt Profi, diese geschickt einbaut oder überspielt. Ehrlich gesagt fragt man sich so oder so, wie man so ein Programm einfach durchpowern kann.

Aber nicht zu unterschätzen ist die Botschaft, die Felltuschgnusch vermitteln möchte. Kinder zu unterhalten ist eine Sache, aber ihnen Verständnis für andere Lebewesen und deren Lebensweise zu vermitteln, ist weit wertvoller und gibt diesem Stück, das voller Leichtigkeit und Unbeschwertheit daher kommt, eine schöne Tiefe.

So ohni Fell gsehnd doch alli glich us. rosa

Marius

Wer Felltuschgnusch live auf der Bühne erleben und erfahren möchte, ob der Dachs Adalbert nach dieser Erfahrung den Mut aufbringt, dem Seichhörndli seine Liebe zu gestehen, hat noch einige Gelegenheiten:

Mittwoch, 13. März, 14 Uhr, Neubad Luzern

Mittwoch, 20. März, 14 Uhr, Kiff Aarau

Mittwoch, 3. April, 14 Uhr, Linde Heiden

Samstag, 4. Mai, 11 Uhr, Käfigturm Bern

Samstag, 1. Juni, 11 Uhr/14 Uhr, Kellerbühne St. Gallen

Herzlichen Dank an den anda Verlag für die Möglichkeit, dieses zauberhafte und unterhaltsame Stück zu sehen und zu rezensieren.

Kommentar verfassen