SPACE DREAM… Wann immer Désirée und ich diese beiden Worte hörten, begannen unsere Augen zu leuchten. Als wir 1997 mit dem Car anlässlich einer Migros-Aktion nach Baden fuhren, wussten wir eigentlich nicht, was uns erwartet und definitiv nicht, dass wir an diesem Abend mit Rodin, Rachel, Macchina und Roboto unsere grosse Liebe fürs Musical entdecken würden.
Als wir nach der Show noch Fotos mit den Darstellern machen durften, verliebte ich mich Hals über Kopf in Roboto aka Patrick Biagioli und mein Tagebuch war voller Fan Fiction (damals gab es natürlich noch keinen Begriff dafür, da waren es einfach Teenie-Träumereien, die im Nachhinein echt peinlich sind). Die Musik von SPACE DREAM begleiteten uns viele Jahre. Wie sahen es dann noch einmal in Winterthur und auf DVD diverse Male. Wir kennen noch immer jedes Wort jedes Songs der Originalversion auswendig.
Und dann, 2020, als wir in den Medien erfuhren, dass SPACE DREAM eine Wiedergeburt zum 25.Jubiläum erleben sollte, gehörten wir bestimmt zu den ersten, die Tickets bestellten, ohne zu wissen, wie die Neuinszenierung aussehen sollte. Die Info, dass nun in Schweizerdeutsch gespielt und gesungen werden sollte, verstörte uns allerdings ziemlich.
Während der Corona-Zwangspause kam das Studioalbum auf Spotify und ich begann, mir die Songs anzuhören und kriegte langsam ein Gefühl dafür. Ich sah die ersten Fotos des Bühnenbilds, realisierte, dass auch an der Geschichte ziemlich was gedreht worden war und erkannte, dass man einfach keinen Vergleich anstellen durfte. Die Neuinszenierung von SPACE DREAM mag Teile der Musik und der Geschichte sowie den Grossteil der Charaktere übernommen haben, aber sonst war es etwas komplett Neues und musste auch als solches betrachtet werden.
Und dann war es so weit und wir machten uns auf den Weg nach Zürich Hardbrücke in die Maag Event Hall. Wir freuen uns immer sehr auf Produktionen an dieser Spielstätte. In der Maag Halle wissen sie einfach, was das Blogger-Herz begehrt. Und auch diesmal gab es viele Möglichkeiten, Fotos zu machen. Vor dem Eingang, auf den Weltraum-Scootern in der ausgeleuchteten(!) Foto-Nische vor dem grossen Plakat… Ja, sowas macht schon Spass. Und das Management der Maag Event Hall weiss definitiv, dass es heutzutage solche Dinge braucht, um den jüngeren Zuschauern (ok, uns auch) eine Möglichkeit für tolle Fotos und Videos für Social Media zu bieten.
Und nun zum Musical: Space Dream ist ein gesellschaftskritisches Weltraum-Märchen. Es gibt zwei verfeindete Völker auf einem fremden Planeten, eine Liebe zwischen einem Erdenmädchen und einem „Weltraumprinzen“, ein Roboter-Liebespaar, eine Sonnengöttin und einen Meteor, der diesen Planeten mit dem Namen Hexxor, zerstören könnte. Die ganze Handlung lest ihr hier.
In der Neuinszenierung wurde der gesellschaftskritisches Aspekt stärker heraus gearbeitet und auch die Figuren kriegten mehr Tiefe, etwas, das aus einer guten Geschichte, eine grossartige Geschichte macht. Es geht um Krieg und dessen Sinnlosigkeit (leider ein sehr aktuelles Thema), um die Frage, ab wann jemand oder etwas ein fühlendes Wesen ist, um Familienbande, um Selbstbestimmung, und auch darum, wie wichtig es ist, seinem Planeten Sorge zu tragen.
Das Erdenmädchen, Reachel, wurde von ihrem Freund verlassen. Sie träumt von Liebe und Romantik und schreckt auch nicht davor zurück, ihr Tinder-Profil zu aktivieren, um einen netten Typen zu finden. Ja, Space Dream ist definitiv in der Gegenpart angekommen. Die Zeit der Kontaktanzeigen in der Zeitung ist vorbei. In dieser Nummer zeigt sich auch direkt, warum Schweizerdeutsch als Sprache in einem Musical so gut funktioniert. Wir Schweizer lieben unsere Sprache und nichts macht mehr Spass, als typische Schweizerdeutsche Ausdrücke (und davon gab’s so einige) oder die Erwähnung eines Schweizer Orts wie „Horgen“ in einem Stück oder Film zu hören. 😂 Überhaupt besitzt dieses Musical einen unglaublichen Charme. Jeder Spruch, jeder Scherz ist gut durchdacht und ebenso platziert.
Reachel wird gespielt von Laura Aubert. Schon beim Hören der Studioaufnahme war ich begeistert von ihrer lieblichen Stimme. Ich mag es sehr, wenn Frauen dieses Weiche, Süsse in der Stimme haben und es passt perfekt zu der verträumten, etwas naiven Reachel, die sich im Verlauf des Stücks dann aber zwischen ihrem Liebesglück und dem Fortbestehen eines Planeten entscheiden muss . Ihre Stimme hat einen grossen Wiedererkennungswert, was in meinen Augen ein grosser Pluspunkt ist.
Rodin, Sohn der Cruhl-Königin Rava und Reachels Traummann, wird verkörpert von Adrian Burri. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mir auch nachdem ich die Studioaufnahme mehrere Male angehört hatte, noch kein richtiges Bild vom ihm machen konnte. Seine Stimme ist sehr schön und gefühlvoll und wie geschaffen für grosse Balladen, die Aufnahme konnte einen jedoch nicht auf seine Live-Performance vorbereiten. Es gibt nun mal Darsteller, deren vollständiges Potential erst auf der Bühne sichtbar wird. Adrian Burri besitzt eine besonders starke Bühnenpräsenz, wie sich so mancher Musicaldarsteller nur wünschen könnte. Er zieht die Blicke auf sich und das Publikum in seinen Bann, weshalb er für Hauptrollen wie geschaffen ist. Er verkörpert den gutherzigen, edelmütigen und innerlich zerissenen Weltraumprinzen, der sein Glück findet und wieder verliert, einfach perfekt und mit sehr viel Tiefgang und hat die besondere Gabe, sein Publikum mit auf eine Reise zu nehmen und nicht nur zu unterhalten. Besonders beeindruckt war ich unter anderem von seinem Schauspiel, z.B. glaubt man ihm wirklich zu 100%, dass er sich um das Wohl seiner Mutter, welche die meisten Zeit des Stücks KEINE Sympathieträgerin ist, sorgt oder auch um das seiner Roboter. Überhaupt hat man während des ganzen Stücks das Gefühl, dass er die verschiedenen Beziehungen wirklich lebt und nicht nur darstellt, seine Figur mit Leben füllt und ihr eine wirkliche Vorgeschichte gibt. Ich war froh, so weit vorne zu sitzen, da man auf diese kurze Distanz das ganze Spektrum seines Spiels mitkriegte, was es wirklich wert war. – Von ihm werden wir ohne Zweifel noch viel sehen und hören.

Um direkt bei Rava, der kampfbereiten Cruhl-Königin, zu bleiben: Patricia Hodell brilliert in dieser für die Neuinszenierung neu geschaffenen Rolle. Sie spielt so herrlich böse und nuanciert und ihre Stimme verleiht dieser Figur so eine Lebendigkeit und Tiefe. Selbst, wenn es keine Erklärung für ihr zerstörerische Verhalten gegeben hätte, wäre es eine der grossartigsten Figuren im Stück gewesen, Aber durch diese zusätzliche Tragik, war es Patricia Hodell möglich, noch mehr von ihrem schauspielerischen Können zu zeigen. Auf sie war ich bereits nach dem Anhören der Studioaufnahme gespannt und wurde definitiv nicht enttäuscht. Eine tolle, starke Frau, die Musical im Blut hat.

Des weiteren hervorheben möchte ich die Leistung von Lucca Kleimann als Roboto. Bereits in der Urversion war diese Rolle ein Publikumsliebling, weshalb es nur mehr als gerechtfertigt ist, dass er ein zusätzliches Liebes-Duett mit Macchina (ganz zauberhaft: Deliah Stuker, welche absolut hervorragend mit Lucca Kleimann harmoniert und diese bittersüsse Liebesgeschichte wunderbar verkörpert) erhalten hat. Auch in der Neuinszenierung ist Roboto eine dankbare Rolle, die es dem Darsteller leicht macht, das Herz des Publikums zu gewinnen, wenn man der Rolle gewachsen ist. Bereits beim Hören der Studioaufnahme war mir klar, dass Lucca Kleimann einer der Stars der Inszenierung sein wird. Ich war auf Anhieb begeistert von seiner Stimme und deren Möglichkeiten und auch davon, wie er sie beherrscht und damit spielt. Ich konnte kaum abwarten, „Mach doch e Reis“, welches in der Neuinszenierung „Lunatic World“ ersetzte, live zu erleben. Was „Friend like me“ für Aladin ist, ist „Mach doch e Reis“ für Space Dream, eine grosse Musical Nummer für eine wichtige Nebenfigur, um dessen gesangliche und darstellerischen Fähigkeiten zu zeigen, etwas, das wirklich gelungen ist. Erstaunlicherweise fügt sich Lucca Kleimann aber gut ins Ensemble ein, ohne zu viel Raum zu beanspruchen.

Selbstverständlich waren auch die weiteren Rollen hervorragend besetzt. Sehr gut gefiel mir Sandra Bitterlis Schauspiel als Sira, sehr echt und eindringlich. Auch König Aquilons Sorgen und heimliche Schuld wurden von Patrick Imhof grossartig dargestellt. Zudem ist sein Solo „Tag und Nacht“, welches neu dazu gekommen ist, um die Beziehung zu seiner Tochter Sira zu erklären, eine wunderbare Ergänzung und ein echter Hit. Überhaupt sind alle neuen Songs wirklich grossartig. Auch „E brochnige Flügel“ hat echtes Hitpotential.
Kai, hervorragend verkörpert von Marc Früh, hat an Tiefe gewonnen und macht im Laufe des Stücks eine echte Entwicklung durch, was schön zu beobachten ist. Ehrlich gesagt hätte ich gerne eine Solonummer von ihm gehört und mehr über seine Figur erfahren.
Von Jochen Schaible als WD40 hätte man gerne mehr gesehen, wobei er mit seinem grossen komödiantischen Talent auch so schon für viele Lacher sorgte, ebenso, wie Sandra Leon als ehrgeizige vorlaute Mega.

Wirklich grossartig und vielseitig war auch das Ensemble, sowohl tänzerisch, als auch gesanglich. Und wie schnell die Kostümwechsel hinter der Bühne teilweise gehen mussten, kann man nur erahnen. Etwas, das grossen Respekt verdient.
Ein Highlight war definitiv Königin Ravas Roboter Armee. Was für eine grossartige Nummer! Da konnte man wirklich nur noch staunend dasitzen. Köstüme, Choreografie und Lichtefekte, da passte einfach alles. Da vermisste man die Lasershow wirklich nicht. Überhaupt gefiel mir das Bühnenbild und die Effekte sehr. Roboto und Macchina fliegen zu lassen bei „Du bisch miin Stern“, war z.B. ein Geniestreich.
Bevor ich die Show gesehen hatte, dachte ich, dass ich mich an den Kostümen etwas stören könnte, da diese wild zusammen gewürfelt schienen, wie es in so vielen modernen Inszenierungen der Fall ist. Aber ganz so tragisch war dann doch nicht . Sie passten hervorragend zu den einzelnen Rollen, auch wenn sie zusammen keine richtige Einheit bildeten, was mir persönlich gefallen hätte. Vor allem Solaras Kostüm irritierte mich. Auf mich wirkte es, als hätte jemand den Aufgabe gekriegt, in einem Brocki ein Outfit für einen Junggesellinnenabschied zusammen zu stellen. Aber im Vergleich zur ikonenhaften Solara der Urversion wirkt diese Solara einfach eher wie eine heidnische Göttin und dann stört ihr Kostüm auch gar nicht mehr so – bis auf die Schuhe…- Ok, nein, es stört mich trotzdem. Und naja, die „Raumschiffe“ waren auch nicht so ganz mein Geschmack, aber über solche Details kann man bei einer sonst so absolut runden Sache wirklich hinweg sehen. 😉
Mein Fazit: Diese Neuinszenierung in Schweizerdeutsch ist wirklich absolut gelugen und das Risiko, diesem Musical einen Neuanstrich zu verpassen, hat sich zu 100% gelohnt. Es ist so neu und anders, dass eigentlich kein Vergleich zur Urversion hergestellt werden kann und darf, sondern als komplett eigenes Projekt betrachtet werden muss. Und diese Show ist wirklich grossartig! Und solltet ihr bisher gezögert haben, euch Space Dream anzuschauen, dann lege ich euch wirklich ans Herz, es bis am 15. Mai noch zu tun!
„Flüg eifach los!“








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